Was steckt hinter dem japanischen „Waldbaden“?

Ja - mit der Yoga-Matte unterm Arm durch die Stadt zu radeln und sich morgens erstmal einen warmen Apfelessig zu „gönnen“ ist in. Warum? Weil wir so langsam begreifen, dass Selbstfürsorge und bewusst Leben nicht bedeutet egoistisch zu sein sondern gesund. Wir kümmern uns damit nicht nur nachhaltig um unsere physische und psychische Gesundheit sondern damit auch um die unserer direkten Umwelt. Ein neuer Trend, der eigentlich gar nicht so neu ist und seinen Ursprung in Japan hat, ist das Waldbaden.
Einfach mal raus
Was sich erst einmal kurios anhört, ist eine anerkannte japanische Heilmethode, die auch bei uns immer mehr Anhänger findet. Die Idee des Shinrin yoku ist es, ganz bewusst in die Stimmung des Waldes einzutauchen. Dazu gehört vor allem die frische Waldluft, leises Blätterrascheln, Vogelzwitschern und Pflanzendüfte aktiv wahrzunehmen und einfach mal abzuschalten. Was als Initiative der japanischen Forstbehörde in Japan 1982 begann, entwickelte sich in den folgenden Jahren zum Volkssport als die positiven gesundheitlichen Auswirkungen durch medizinische Studien belegt wurden.
Bei was kann uns das Waldbaden helfen?
Es ist nichts Neues, dass Stress krank macht und Ursache unzähliger Krankheiten sein kann. Umso wichtiger ist es, Stress vorzubeugen und sich regelmäßig eine Auszeit zu nehmen. Wir haben die wichtigsten Ergebnisse der Studien zum Thema Waldbaden (Stand Mai 2020) zusammengefasst:
- Senkung der Stresshormonlevels von Adrenalin, Noradrenalin und Cortisol
- Erhöhung der Aktivität und Menge der natürlichen Killerzellen, die virusinfizierte und Tumorzellen erkennen und abtöten können
- Senkung des Blutdrucks und des Pulses
- Senkung des Blutzuckerspiegels bei Diabetikern
- Verringerung der Werte für Angst, Depression, Wut, Müdigkeit und Verwirrung im POMS-Test (Profile of Mood States)
Eine halbe bis vier Stunden
Seit 2012 ist Waldmedizin in Japan eine anerkannte medizinische Fachrichtung. Einer der berühmtesten Waldmediziner Japans ist Prof. Dr. Qing Li. Als Umweltimmunloge und Präsident der Japanischen Gesellschaft für Waldmedizin, verordnet er seinen Patienten regelmäßig eine halbe Stunde Baden in nahegelegenen Wäldern oder Parks. Bereits diese kurzen Ausflüge können nachweislich zu einer Senkung des Stresslevels und des Krebsrisikos führen. Wer das Waldbaden möglichst effektiv und nachhaltig betreiben möchte, der muss aber mindestens 2-3 mal im Monat ca. 4 Stunden im Wald verbringen.
Waldbaden für zu Hause
Aber auch außerhalb des Waldes, kann die Nähe zu Pflanzen uns helfen. Wem die Zeit für regelmäßiges Waldbaden fehlt, der kann auch zu Hause im wahrsten Sinne des Wortes aufatmen. Denn sogar zu Hause können wir durch Zimmerpflanzen - und ja sogar durch Waldbilder(!) - beschriebene Effekte erzielen – natürlich in sehr viel kleinerem Ausmaß. Dies führe nach Studien von Waldbademeister Professor Qing Li bereits zur Beruhigung und beeinflusse unseren Körper positiv. Urban Gardening ist also nicht nur Beschäftigungs- sondern auch mentale Therapie!
Aber der Wald kann noch mehr
Halten wir uns im Wald auf, strömen zusammen mit der sauberen Luft rund 8.000 unterschiedliche organische Verbindungen in unsere Lungen. Die sogenannten Terpene. Sie gehören zu der Gruppe der sekundären Pflanzenstoffe, über die Pflanzen miteinander kommunizieren. Sie sind wesentlicher Bestandteil der ätherischen Öle und verleihen Pflanzen ihren unverwechselbaren Geruch und Geschmack. Viel interessanter aber ist der Fakt, dass sie wahrscheinlich mit unserem Immunsystem interagieren und dieses signifikant stärken können. Ein weiterer Grund, warum wir viel mehr Obst, Gemüse und Kräuter essen sollten! Eine Pflanze, die extrem viele wertvolle Terpene enthält, ist übrigens die Cannabispflanze. Hier sorgen die Terpene neben dem immunsystemstärkenden zusätzlich für den sogenannten Entourage Effekt. Aber das ist dann wieder ein anderes Kapitel.
Quelle: https://www.cairn.info/revue-sante-publique-2019-HS-page-135.htm?ref=doi
Leave a comment